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Mit Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 09. Oktober 2023, das noch nicht rechtskräftig ist, wurde Peter Schlappal für schuldig befunden, am 19. September 1991 das sogenannte Asylbewerberheim – ehemals Hotel „Weißes Roß“ – in der Saarlouiser Straße 53 in Saarlouis, in Brand gesetzt zu haben. Für diese Tat wurde er wegen Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung, in weiterer Tateinheit mit versuchtem Mord und versuchter besonders schwerer Brandstiftung in jeweils 12 tateinheitlichen Fällen zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt.

In der Hauptverhandlung erhärtete sich der Verdacht, dass der damalige Anführer der Saarlouiser Nazikameradschaft dem Täter zu dieser Tat Beihilfe geleistet hat. Am 27.02.2024 beginnt nun der Prozess beim OLG Koblenz gegen diesen.

In der Nacht zum 19. September 1991 brannte die Geflüchtetenunterkunft Saarlouiser Straße 53 in Saarlouis. In dem Haus befanden sich zum Zeitpunkt des Brandes 21 Personen. Einer davon, Samuel Kofi Yeboah, starb an den in Folge des Brandes.

Schnell stellte sich heraus, dass es sich um Brandstiftung handelte. Die Ermittlungen wurden 1991 von der Polizei Saarlouis geführt und nach nur elf Monaten eingestellt, da kein Tatverdächtiger auszumachen gewesen sei. Doch bereits im Rahmen dieser Ermittlungen geriet die örtliche Szene in den Blick der Ermittlungsbehörden und wurden zumindest als Täter in Betracht gezogen.

Zahlreiche der Überlebenden sind heute nicht auffindbar, wurden in den nachfolgenden Monaten abgeschoben, reisten freiwillig aus oder tauchten unter. Jedenfalls wurden sie niemals über ihre möglichen Rechte als Opfer einer rassistisch motivierten Straftat belehrt. Einige wurden nicht einmal polizeilich vernommen.

Das Saarland der 90er Jahre war eine Hochburg gewaltbereiter Neonazis, die dort fast ungestört Konzerte und Treffen durchführen konnten. Hetzjagden und Überfälle auf Geflüchtete und tatsächliche oder vermeintliche politische Gegner gehörten zum Alltagsleben. Neben Brandanschlägen kam es auch zu Bombenanschlägen, wie dem Anschlag auf die Wehrmachtsausstellung am 9. März 1999 in Saarbrücken. Wenn dieses Jahrzehnt im Osten Deutschlands als „Baseballschlägerjahre“ in Erinnerung geblieben ist, waren es im Südwesten „Molotowckocktailjahre“, die bis heute ein Gefühl der Hilflosigkeit hinterlassen haben. Das Gewährenlassen der rechten Szene begünstigte die spätere Organisation der rechten Szene in Vereinigungen wie „Blood & Honour“ oder den „Hammerskins“.

Nach einem Zeuginnenhinweis wurden die Ermittlungen zum Brandanschlag auf die Geflüchtetenunterkunft 2020 überraschend vom Generalbundesanwalt wieder aufgenommen. Die Übernahme durch den GBA wurde mit „gravierenden Anhaltspunkten auf einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund“ begündet. Ein solcher Hintergrund war von der Saarlouiser Politik immer in Abrede gestellt worden.

Schließlich wurde am 4. April 2022 Peter Werner Schlappal, der heute Schröder heißt, wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes an Samuel Yeboah und weiteren versuchten Morden verhaftet. Er wurde vor dem Oberlandesgericht Koblenz wegen Brandstiftung, Mordes an Samuel Kofi Yeboah, sowie wegen 20fachen versuchten Mordes angeklagt.

Im Prozess verfestigte sich der Verdacht, dass Schlappal nicht völlig alleine und unbeeinflusst seinen Tatentschluss entwickelt hat. Im Ergebnis wurde der damalige Anführer der Saarlouiser Nazigruppe Peter St. zunächst in Untersuchungshaft genommen und dann wegen Beihilfe angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, aus seiner führenden Position heraus Schröder zur Tat angestachelt zu haben.