08.03.2024


Warum die Aufhebung des Haftbefehls nicht das Ende des Prozesses bedeutet. 

Heute hob das Oberlandesgericht Koblenz, wie am Dienstag von der Verteidigung beantragt, den Haftbefehl gegen Peter St. auf. Es bestehe nach der Aussage des Heiko Sch. in der Hauptverhandlung kein dringender Tatverdacht gegen St. mehr. Sch hatte am Dienstag ausgesagt, Peter St. habe am Abend des 18.9. nicht gesagt, in Saarlouis müsse auch einmal etwas brennen, sondern, es müsse etwas passieren; er habe das als Aufforderung zu „Randale“ verstanden.

Warum wir nicht davon ausgehen, dass man diese letzte Aussage des Heiko Sch. als die einzig wahre Aussage Sch. zu Grunde legen muss, haben wir schon am Dienstag geschrieben: der Zeuge rudert erkennbar zurück, seit er selbst Beschuldigter ist, und er hat selbst angegeben, bis heute Angst vor Peter St. zu haben. Doch das Gericht legt seinem Beschluss ohne weiteres die Angaben von Sch. in der Hauptverhandlung zu Grunde – etwas überraschend, nachdem die Richter am Dienstag durchaus auch kritische Fragen an den Zeugen gestellt hatten. 

Daneben lässt das Gericht auch weitere Beweismittel beiseite, die für das Verständnis dessen, was Peter St. am 18.9.1991 gesagt hat, wichtig sind. Dazu nur ein Beispiel: Das Gericht führte in seinem Beschluss in großer Breite aus, dass die drei Nazi-Skinheads am Abend des 18.9. noch nichts vom Einsatz von Molotowcocktails in Hoyerswerda erfahren haben konnten; das spreche dafür, dass St „nur“ zu „Randale“ habe auffordern wollen. Dabei wissen wir aus dem Prozess gegen Peter Schröder, dass am 17.9., also nur einen Tag zuvor, die ARD einen Bericht zu Angriffen u.a. mit Molotowcocktails auf eine Geflüchtetenunterkunft in Leipzig-Grünau ausgestrahlt hatte. U.a. war eine der Angreiferinnen interviewt worden. Sie hatte angekündigt, man werde die Angriffe jetzt unterbrechen und in einigen Wochen, für die Polizei überraschend, wieder beginnen. Dabei hatte sie ihrer Hoffnung Ausdruck gegeben, dass es so gelingen werde, das Haus zum Brennen zu bringen; den Einwand der Reporterin, dabei könnten Menschen sterben, hatte sie kalt lächelnd weggewischt. 

Es liegt mehr als nahe, dass es in Wirklichkeit diese Reportage war, an der sich das Gespräch am 18.9. orientierte, und dass die Beteiligten das nur im Nachhinein mit Hoyerswerda verbinden, weil die pogromartigen Angriffe dort heute die geschichtliche Erinnerung beherrschen, bis hin zur Bezeichnung der Mitglieder der damaligen Szene als „Generation Hoyerswerda“. Bezog sich aber das Gespräch im Bayerischen Hof am 18.9. stattdessen auf Leipzig-Grünau, dann passt auch die allererste Beschreibung des Heiko Sch. zum Thema – Peter St. habe jedenfalls „dem Sinn nach gesagt: Ja, hier in Saarlouis muss auch mal sowas brennen“ – wieder genau ins Bild.

Diese Beweismittel werden jetzt nach und nach im Prozess thematisiert werden müssen. Mit dem heutigen Beschluss ist also das Urteil noch lange nicht gesprochen. Der Prozess wird am nächsten Freitag, 15.03.2024 fortgesetzt. Geladen ist zum einen eine Szenezeugin, zum anderen Peter Schröder. Da der sehr wahrscheinlich die Aussage verweigern wird, ist zudem der Kriminalbeamte geladen, der Schröder damals vernommen hat und über dessen Angaben im Ermittlungsverfahren berichten kann.